Die Übernahme eines bestehenden Unternehmens kann eine lohnende Investition sein, birgt jedoch auch zahlreiche potenzielle Risiken, die es zu identifizieren und zu bewältigen gilt. Ich zeige, welche versteckten Probleme euch als Nachfolger erwarten können und wie ihr sie frühzeitig erkennt, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Mögliche Altlasten sollten frühzeitig erkannt und thematisiert werden. Dabei können die unerwarteten Herausforderungen nach der Übernahme viele Gesichter haben. Es gibt mehrere „Problemzonen“, die sich Senior-Unternehmer und designierter Nachfolger gemeinsam und kritischansehen sollten:
Altlastenbereiche 1 – Kundenaltlasten:
Der Klassiker – stellt euch vor, ihr übernehmt ein Unternehmen und plötzlich merkt ihr, dass die Kundenbeziehungen auf wackeligen Beinen stehen. Vielleicht gibt es aber auch schlecht kalkulierte Preise, unbrauchbare Anpassungsklauseln oder Kunden, die schon lange nicht mehr
zufrieden sind. Ich kenne mehrere solcher Beispiele aus meiner Vergangenheit: Wir haben mal einen Betrieb übernommen und damit auch einen Rahmenvertrag mit einem großen Kunden. Und es stellte sich dann vor allem in Corona-Zeiten und den darauf folgenden Preissteigerungswellen heraus, dass dieser Vertrag eigentlich eine Art Knebelvertrag war. Wir hatten gar keine Möglichkeit, die Preise angemessen zu erhöhen. Das hat dann dazu geführt hat, dass unsere Marge immer kleiner wurde und damit dieser Vertrag letztendlich für uns ein Klotz am Bein wurde. Und mit dieser Erfahrung bin ich kein Einzelfall. Neulich habe ich mit jemandem gesprochen, der hatte eine ähnliche Situation. Er hatte einen Metallbaubetrieb im Rahmen eines Asset-Deal übernommen und mit diesem Betrieb eben auch Aufträge, in denen keine Preisgleitklauseln für Stahl vereinbart waren. Und das hat ihm dann nachher das Genick gebrochen. Ihr erkennt das Problem, dass solche Altlasten in Kundenbeziehungen oder Kundenverträge euch schnell eure Umsätze oder eure Margen in den Keller ziehen können. Deshalb ist es wichtig, vor der Übernahme genau hinzuschauen. Wie stabil sind die Kundenbeziehungen? Gibt es langfristige Verträge? Und wenn ja, sind die auch fair kalkuliert? Und wie zufrieden sind die Kunden wirklich? Kann man vielleicht mit denen auch das eine oder andere noch anders regeln?
Also hier mein Tipp: Sprecht frühzeitig mit den wichtigsten Kunden, macht euch ein Bild von der Situation und so könnt ihr dann auch einschätzen, ob ihr hier Altlasten übernehmt oder ob die Kundenbeziehungen echte Chancen sind.
Altlastenbereich 2 – Mitarbeiter:
Es ist vielleicht ist ein heikles Thema, in Zeiten von Fachkräftemangel, Mitarbeiter als Altlasten zu bezeichnen. Mitarbeiter sind nun mal das Herz eines Unternehmens. Sie könnten aber auch zur Belastung werden. Es gibt verschiedene Szenarien, die ich teilweise selbst erlebt habe oder die mir teilweise mir zu Ohren gekommen sind. Ein Thema ist gerade in Familienbetrieben ob noch weitere Familienmitglieder im Unternehmen beschäftigt sind und wie sie eingebunden sind. Verwandte im Betrieb zu haben kann natürlich ganz gut funktionieren, es kann aber auch zu Spannungen führen. Vor allem, wenn dann ihr als Nachfolger Veränderungen einleiten wollt und vielleicht Familienmitglieder nicht mehr so ein bequemes Leben haben, wie sie das in der Vergangenheit hatten. In diesem Kontext habe ich auch schon in einer Situation ein Lohngefüge gesehen, da hatte ich den Eindruck, mit dem richtigen Familiennamen hat man automatisch ein höheres Gehalt bekommen. Da müsst ihr natürlich hingucken. Gleiches gilt auch in Sachen Altersstruktur. Also wenn natürlich das ganze Team so alt ist, wie der bisherige Inhaber, der in Rente gehen will, dann kann das auch ein Problem sein. Wie besetzt ihr denn dann diese Stellen neu und wer übernimmt die Aufgaben, wenn diese Mitarbeiter in den wohlverdienten Ruhestand gehen? Das gesamte Lohn- und Gehaltsgefüge ist ebenfalls einen Blick wert. Manchmal wächst sowas ja historisch und wenn ihr euch die Vergütungen als Außenstehender anguckt, findet Ihr vielleicht Einzelne, die sind vielleicht zu Unrecht unterbezahlt oder andere bekommen überhöhte Gehälter. Das kann euch dann natürlich entweder finanziell belasten oder in einer anderen Richtung auch für schlechte Stimmungen sorgen. Bitte schaut Euch auch das Ausbildungsniveau der Mitarbeiter an. Sind das alles qualifizierte Fachkräfte oder sind das eher Aushilfen, die eure Produktivität vielleicht sogar bremsen oder für Ausschuss sorgen? Deutlich
schwieriger einzuschätzen sind die Leistung und die Einstellung der Mitarbeiter, die ihr mit übernehmt. Sind das eher Leistungsträger oder eher Low-Performer? Gerade wenn ihr da so Low-Performer dazwischen habt, da gibt es diesen alten Spruch „ein fauler Apfel verdirbt den ganzen Korb“. Und so ist es natürlich auch, wenn Einzelne da nicht so mitziehen, nicht so Bock haben, schlechte Stimmung verbreiten, dann überträgt sich das natürlich aufs ganze Team. Und die Leistungsträger werden dann auch eher runtergezogen, wenn so toxisches Fehlverhalten oder fehlende Leistungsbereitschaft von anderen geduldet wird. Oder vielleicht habt ihr es ja auch andersrum. Vielleicht gibt es ja ein paar High-Performer, die euch jedes Projekt, jede Produktion retten. Ja, dann müsst ihr die ja unbedingt halten. Macht Euch dazu dann Gedanken, wie das gelingen kann.
Also auch hier ein Tipp von meiner Seite: Führt frühzeitig Gespräche mit den wichtigen Mitarbeitern. Seht euch die Personalstruktur an und dann könnt ihr auch einschätzen, ob und wo der Handlungsbedarf besteht.
Altlastenbereich 3 – Investitionsstau:
Auch ein Thema, was manchmal unterschätzt wird. Stellt euch vor, ihr übernehmt ein Unternehmen und dann merkt ihr, dass die Technik total veraltet ist. Maschinen nicht mehr funktionieren oder Störungsanfällig sind. Die IT-Infrastruktur, die ist noch auf dem Stand der 90er Jahre. Solche Altlasten können euch dann auch schnell teuer zu stehen kommen. Das geht heutzutage mit Datensicherung und die DSGVO-konformer Dokumentation los. Aber das geht auch in wertschöpfende Produktionsanlagen hinein. Also wenn ihr da jetzt eine alte CNC-Fräse stehen habt, die ständig ausfällt, dann habt ihr nicht nur Ausfallzeiten. Ihr habt vielleicht auch dadurch unzufriedene Maschinenbediener. Ihr könnt Termine nicht anhalten, die Kunden werden sauer. Also lohnt es sich auch, den Maschinenpark anzusehen. Oder die Firmenimmobilie, die wird ja auch recht häufig in Nachfolgesituationen verkauft oder vermietet. Und wenn diese Immobilie dann auch noch sanierungsbedürftig ist, sollte man das auf dem Schirm haben. Ich habe neulich mit einem Nachfolger gesprochen, der hat die Immobilie nicht vom vorherigen Besitzer übernommen, sondern sich woanders was angemietet. Und an diesem anderen Standort stellte sich dann heraus, dass das Dach der Produktionshalle akut einsturzgefährdet war. Und dann hatte dieser Nachfolger schlagartig ein Problem, weil ihm und seinen Mitarbeitern dann der Zutritt zu der Halle natürlich aus nachvollziehbarem Grund verwehrt wurde. Das heißt, er hatte gerade neu gestartet in der Nachfolgesituation und durfte nicht in seine Produktionshalle, weil der Vermieter da anscheinend einen kleinen Investitionsstau hatte. Oder wenn ihr Produktionsbetriebe habt, stellt Euch die Frage nach der Wasserversorgung. Wie ist das mit der Elektrik? Wie ist das mit Druckluftversorgung? Sind diese Infrastrukturgeschichten so gut, dass ihr auch die nächste Gerätegeneration dort installieren könnt? Ähnlich verhält es sich beim
Thema Fuhrpark. Wenn eure Nutzfahrzeuge keine grüne Plakette haben, dann wird es irgendwann schwierig, Kunden in den Großstädten zu bedienen und zu besuchen. Dies alles sind Beispiele für einen Investitionsstau.
Mein Tipp: Werft nicht nur einen Blick ins bilanzielle Anlagevermögen, sondern überlegt auch, welche Investitionen in der Zukunft nötig sind, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Altlastenbereich 4 – Dokumentation und Arbeitsweise:
Wenn ihr ein Unternehmen übernehmt, das stark vom Seniorchef abhängig ist, gibt es vielleicht keine klaren Prozesse, keine Dokumentationen. Ihr könnt in ein ziemliches Chaos stolpern, wenn der Seniorchef sich dann zurückzieht. Also stellt euch da die Frage, gibt es klare Arbeitsanweisungen? Sind die Prozesse dokumentiert? Was ist, wenn Schlüsselpersonen krank werden oder ausfallen? Auch hier lohnt sich noch einmal der Blick aufs Personal: Wurden Vorsorgeuntersuchungen gemacht, gibt es Gefährdungsbeurteilungen etc.? Falls hier nichts dokumentiert ist, kann es unangenehm werden, wenn die Bezirksregierung oder die Berufsgenossenschaft vorbeikommen.
Daher mein Tipp: schaut euch die Arbeitsweise im Unternehmen an. Guckt euch an, was ist wie dokumentiert ist und wie viel zusätzliche Arbeit daraus noch auf euch zukommt.
Altlastenbereich 5 – Haftung und Gewährleistung:
Ihr übernehmt ja unter Umständen eine Gesellschaft, die schon Produkte im Markt hat oder Leistungen draußen erbracht hat. Und stellt euch vor, da tauchen plötzlich Reklamationen oder rechtliche Probleme wie Patentverletzungen auf. Wir haben da mal einen Fall gehabt, da zeigte sich dann im Rahmen der vierjährigen Gewährleistungsfrist beim Kunden, dass ein gewisses Material, eine Bauchemikalie, dazu neigte, Risse zu bilden. Und da waren wir dann richtig froh, dass unser Lieferant zu seiner Produkthaftung gestanden ist. Er hatte dann glücklich auch eine
Betriebshaftpflichtversicherung, die dann nachher für die fünfstelligen Kosten der Schadensbehebung aufgekommen ist. Also guckt euch das Geschäftsmodell an, ob es dazu Gewährleistungsansprüche geben könnte. Gibt es irgendwelche Produkthaftungsthemen? Gibt es da rechtliche Altlasten, die euch betreffen können? Bei den rechtlichen Themen, lasst euch bitte frühzeitig von einem Anwalt beraten – nicht nur, weil ich hier keine Rechtsberatung und Steuerberatung anbiete, sondern, weil das teilweise eben komplexe Fachthemen sind. Patentrecht ist was anderes als Markenrecht. Markenrecht ist was anderes als Gewährleistungs- oder Produkthaftungsthemen. Aus gutem Grund gibt es anwaltliche Fachdisziplinen.
Mein Tipp: Prüft das Geschäftsmodell und die Produkte oder Dienstleistungen, welche Haftungs-Risiken sie für Euch mitbringen können.
Altlastenbereich 6 – Gesellschaftsrecht:
Welche gesellschaftsrechtlichen Altlasten gibt es denn? Wenn ihr das Unternehmen zum Beispiel nicht ganz übernehmt, sondern nur Anteile von einem der Gesellschafter übernehmt. Wie ist denn der Gesellschaftsvertrag? Wie sind die Stimmverhältnisse? Dürft ihr mit eurem Anteil tatsächlich über die Geschicke des Unternehmens bestimmen? Oder sitzen da noch eine Menge anderer Leute am Tisch, die ganz unterschiedliche Interesse haben? Und dann gibt es noch das Thema „stille Beteiligungen“. Diese tauchen nicht im Handelsregister auf, können aber trotzdem Ansprüche gegen das Unternehmen begründen – auch nach vielen Jahren noch. Auch hierzu lasst euch bitte frühzeitig beraten, ob der Gesellschaftsvertrag, ob die, euer Geschäftsführer-Anstellungsvertrag gut gemacht ist. Ich habe neulich noch mit jemandem telefoniert, der jetzt kurz davor ist, bei einem Mittelständler als Geschäftsführer eine Nachfolge anzutreten. Und der hat dann auch mit seinen zukünftigen Gesellschaften dann eben diesen Geschäftsführungsvertrag neu ausgehandelt, weil da Regelungen drin standen, die nicht mehr zeitgemäß
sind oder in Diskrepanz zum Gesellschaftsvertrag stehen. Das gesamte Thema Gesellschaftsrecht dürft Ihr Euch also ebenfalls in Ruhe anschauen. Das ist natürlich nicht so attraktiv, weil es nicht wertschöpfend ist. Dennoch kann das auch eine Stolperfalle werden.
Und so kann ich Euch helfen:
Mit diesem Beitrag hier möchte ich euch natürlich nicht die ganze Zeit Bange machen, was alles schief gehen kann und wo die Risiken sind. Ziel der Nachfolgeschmiede ist ja eigentlich, Lust auf Unternehmensnachfolgen zu machen. Trotzdem wollte ich euch einmal darauf hinweisen, dass solche Altlasten euch schnell ausbremsen können. Mit der richtigen Vorbereitung und wenn ihr rechtzeitig die passenden Fragen stellt, könnt Ihr diese aber auch erkennen und vermeiden.
Zusammenfassend daher mein Tipp: Seid gründlich, stellt die richtigen Fragen und holt euch frühzeitig Unterstützung von Profis.
Bei mir in dem Nachfolgeschmiede-Sprint gibt es dafür in der Phase 4, die Phase heißt „Verstehen“, Bausteine, wo wir uns gemeinsam mit dem Senior-Unternehmer und Dir als Nachfolger das Unternehmen angucken. Dann gucken wir eben auf die Organisation, wir gucken auf das Personal, wir gucken auf die Positionierung im Markt, wir sehen uns Zahlen an, wir schauen uns die Infrastruktur an. Das ist vielleicht ein bisschen vergleichbar mit einer klassischen Due Diligence, die man im Verkaufsfall machen würde. Aber um Altlasten bewusst offen zu legen, sollte man sich diese in der Nachfolgesituation detailliert ansehen. Viele dieser Aspekte lassen sich dann auch gemeinsam lösen, so dass die Übergabe ganz risikoarm erfolgen kann. Hierbei helfe ich Dir gerne!