Stehst du in den Startlöchern deiner Unternehmensnachfolge und hast das Gefühl, du sollst ein Abziehbild deines Vorgängers werden? Die berühmten Fußstapfen sind groß, und irgendwie scheint es, als gäbe es eine geheime Liste mit lauter „So macht man das hier“-Regeln. Aber ist das wirklich sinnvoll? Nein! Nachfolge ist eine Riesenchance, Dinge zu hinterfragen, zu gestalten und auch zu verändern – mit Augenmaß, Fingerspitzengefühl und einer ordentlichen Portion Kommunikation.
Die Fußstapfen-Falle: Warum Nachfolger ihren eigenen Weg finden müssen
Vielleicht kennst du das auch: Du stehst in den Startlöchern, übernimmst das Unternehmen – und plötzlich hast du das Gefühl, du sollst jetzt ein Abziehbild deines Vorgängers werden. Die berühmten Fußstapfen sind groß, und irgendwie scheint es, als gäbe es eine geheime Liste mit lauter „So macht man das hier“-Regeln, die du am besten nicht hinterfragen solltest.
Aber mal ehrlich – wäre das wirklich sinnvoll?
Ich sage: Nein!
Und das meine ich nicht respektlos oder aus Prinzip. Sondern weil jedes Unternehmen lebt – und weil die Welt sich weiterdreht. Als Nachfolger bist du nicht nur der „Verwalter des Alten“, sondern auch der Gestalter des Neuen.
Ich habe das selbst erlebt: Als ich ins Unternehmen meines Vaters eingestiegen bin, war ich natürlich total motiviert. Aber ich hatte auch Respekt davor, etwas zu verändern. Schließlich hatte mein Vater das Unternehmen gut aufgestellt, durch viele Höhen und Tiefen geführt – und ich wollte ihm nicht das Gefühl geben, dass ich alles besser weiß.
Aber: Ich wollte auch nicht einfach nur die Kopie meines Vaters sein.
Und das ist, glaube ich, die große Herausforderung in der Nachfolge: Den richtigen Mix zu finden zwischen Bewahren und Verändern. In diesem Artikel zeige ich dir, wo Veränderung nicht nur möglich, sondern manchmal sogar notwendig ist.
Fünf Bereiche, in denen du deinen eigenen Weg gehen darfst
1. Führungsstil: Vom Micromanager zum Ermöglicher
Fangen wir beim Thema Führung an. Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber bei uns war das so: Mein Vater war in manchen Bereichen ein echter Micromanager. Er hatte alles im Blick, wollte überall mitreden, hat viele Entscheidungen selbst getroffen und tat sich schwer damit, Aufgaben abzugeben.
Das hat funktioniert – keine Frage. Aber es hat auch dazu geführt, dass er oft gestresst war und das Team sich manchmal nicht so richtig entfalten konnte.
Als ich ins Unternehmen kam, merkte ich schnell: So will ich das nicht machen. Ich habe mich intensiv mit Führungsstilen beschäftigt und gelernt, wie wichtig Delegation ist – und wie viel Potenzial im Team steckt, wenn man die Leute auch mal machen lässt.
Natürlich war das am Anfang eine Umstellung – für mich, aber auch fürs Team. Gerade wenn die Senioren-Generation noch sehr autoritär führt, müssen sich die Mitarbeiter erst an die „neue Freiheit“ gewöhnen. Da kommen dann auch mal Fragen wie: „Darf ich das jetzt wirklich entscheiden?“ oder „Meinst du das ernst, dass ich das selbst machen soll?“
Aber weißt du was? Mit der Zeit hat sich gezeigt: Weniger Kontrolle, mehr Vertrauen – das tut allen gut. Ich hatte weniger Stress, das Team konnte sich entwickeln, und wir haben gemeinsam richtig gute Ergebnisse erzielt.
Und ich glaube, das ist auch ein Zeichen der Zeit: Der Arbeitsmarkt verändert sich, die Erwartungen der Mitarbeiter und Bewerber auch. Heute will kaum noch jemand in einem Unternehmen arbeiten, wo der Chef alles alleine entscheidet und am liebsten noch das Pausenbrot kontrolliert. Stattdessen geht’s um Selbstverantwortung, Entwicklungsmöglichkeiten und eine Unternehmenskultur, die zum Leben passt.
2. Portfolio: Mut zu neuen Wegen (und zum Loslassen)
Das nächste Thema, das ich dir mitgeben möchte, ist das Portfolio – also die Frage: Was bieten wir eigentlich an?
Auch hier gibt es oft eine „Das haben wir schon immer so gemacht“-Mentalität. Aber Nachfolge ist auch die Gelegenheit, mal kritisch draufzuschauen:
- Passt unser Angebot noch zu den Bedürfnissen der Kunden?
- Gibt es neue Chancen, die wir ergreifen sollten?
- Oder gibt es vielleicht auch Bereiche, von denen wir uns trennen sollten?
Ich gebe dir mal zwei Beispiele aus unserem Unternehmen:
Beispiel 1: Neues Sanierungsverfahren
Mit meinem Einstieg habe ich ein neues Sanierungsverfahren mitgebracht. Das war für uns Neuland – und ehrlich gesagt auch ein gewisses Risiko. Wir mussten investieren, uns neues Know-how aneignen und natürlich erstmal schauen, ob das am Markt überhaupt so gefragt ist, dass sich die Investitionen rechnen.
Aber: Es hat sich gelohnt! Wir konnten neue Kunden gewinnen, unser Profil schärfen – und das Unternehmen ist auch durch den Umsatz mit diesem Verfahren gewachsen.
Beispiel 2: Loslassen von alten Zöpfen
Auf der anderen Seite haben wir auch gemeinsam entschieden, dass wir einer bestimmten Kundengruppe einige Leistungen nicht mehr anbieten. Das war ein sehr kleinteiliges Geschäft, das uns am Ende mehr gebremst als beflügelt hat.
Für meinen Vater war das nicht leicht – er hatte da viel Herzblut reingesteckt. Aber er hat die Entscheidung mitgetragen, und im Nachhinein war es die richtige Wahl.
Was ich damit sagen will: Als Nachfolger hast du die Chance – und manchmal auch die Pflicht – das Portfolio weiterzuentwickeln. Das bedeutet nicht, dass du alles über den Haufen werfen musst. Aber du darfst – und solltest – hinterfragen, was wirklich Sinn macht. Und manchmal ist es auch okay, sich von Dingen zu verabschieden, die nicht mehr passen.
3. Arbeitszeit: Work-Life-Balance statt Dauerstress
Jetzt kommt ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt: Arbeitszeit.
Ich hatte neulich ein spannendes Telefonat mit einem jungen Mann, der die Nachfolge im Familienbetrieb antreten sollte. Eines der größten Hindernisse für ihn: Die Arbeitszeiten seines Vaters. Der war immer noch mit einem irrsinnigen Engagement am Steuer, hat am Wochenende gearbeitet, im Urlaub E-Mails beantwortet – kurzum: Die Firma war sein Leben.
Das kenne ich nur zu gut. Mein Vater war da ähnlich unterwegs – und ich habe das lange Zeit einfach hingenommen. Aber als ich selbst Vater wurde, war für mich klar: Das will ich so nicht machen. Ich wollte auch für meine Familie da sein, und nicht permanent 12-Stunden-Tage schieben und am Wochenende noch Angebote kalkulieren.
Und weißt du was? Es geht! Natürlich gibt es Phasen, da ist mehr zu tun. Und da muss man auch als Unternehmer mal die Extrameile gehen und abends oder am Wochenende ran. Aber ich habe für mich einen Weg gefunden, bei dem weder Firma noch Familie zu kurz kommen.
Ich bin überzeugt: Das ist auch ein wichtiger Teil der Nachfolge – dass du deinen eigenen Rhythmus findest und dich nicht in das Hamsterrad deines Vorgängers zwängst. Denn am Ende bringt es niemandem etwas, wenn du dich kaputt arbeitest. Weder deiner Familie, noch dem Unternehmen – und auch nicht deinem Vorgänger, der ja will, dass du erfolgreich bist.
Also: Trau dich, das Thema Arbeitszeit offen anzusprechen – und finde deinen eigenen Weg!
4. Marketing: Frischer Wind für den Außenauftritt
Ein Bereich, der oft unterschätzt wird, ist das Marketing. Viele Unternehmen haben Logos, Broschüren oder Webseiten, die schon ein bisschen in die Jahre gekommen sind – um es mal freundlich zu formulieren. Ich war heute noch auf der Webseite eines Unternehmens, da war die letzte Newsmeldung von 2020.
Die Nachfolge ist ein super Anlass, den Außenauftritt mal zu hinterfragen:
- Passt das noch zu uns?
- Können wir da vielleicht frischen Wind reinbringen?
Wir haben zum Beispiel 2014, als ich als Nachfolger ins Unternehmen gekommen bin, folgendes gemacht: Neues Logo, neue Printmedien, neue Webseite – und damit auch die Chance, moderne Kanäle wie Social Media einzubinden. Das wäre mit der alten Webseite gar nicht gegangen.
Wichtig finde ich dabei: Du musst nicht alles Alte über Bord werfen. Im Gegenteil – manchmal ist es schön, alte Elemente zu behalten und sie in das Neue einzubinden. So erkennen Kunden und Mitarbeiter das Unternehmen wieder, merken aber trotzdem: Hier bewegt sich was!
Und: Ein moderner Außenauftritt ist auch ein Signal – nach innen und außen. Er zeigt, dass das Unternehmen in Bewegung ist, dass die Nachfolge aktiv gestaltet wird – und dass du als Nachfolger bereit bist, Verantwortung zu übernehmen.
5. Digitalisierung: Chancen nutzen, aber mit Augenmaß
Last but not least: Das Thema Digitalisierung. Ich glaube, da sind sich alle einig – der technologische Wandel ist nicht aufzuhalten. Und die Nachfolge ist eine super Gelegenheit, das Unternehmen hier up-to-date aufzustellen.
Ob das jetzt die Einführung eines neuen ERP-Systems ist, die Digitalisierung von Prozessen oder der Einsatz von Künstlicher Intelligenz – die Möglichkeiten sind riesig. Aber: Nicht jede digitale Lösung ist für jedes Unternehmen sinnvoll.
Deshalb mein Tipp: Bevor du große Summen für Tools und Lizenzen ausgibst, mach eine ehrliche Bedarfsanalyse.
- Was braucht dein Unternehmen wirklich?
- Wo gibt es Prozesse, die digitalisiert werden können – und wo macht es vielleicht gar keinen Sinn?
Und: Nimm dein Team mit! Gerade bei Digitalisierung gibt es oft Bedenkenträger – Menschen, die Angst haben, dass sie abgehängt werden oder dass alles zu schnell geht. Deshalb ist es wichtig, die Vorteile klar zu kommunizieren, Schulungen anzubieten und die Leute Schritt für Schritt mitzunehmen.
Dann klappt’s auch mit der Digitalisierung – und du kannst als Nachfolger zeigen, dass du das Unternehmen fit für die Zukunft machst.
Veränderung gestalten, ohne Gräben zu reißen: Die psychologische Perspektive
Jetzt wird’s kurz ein bisschen psychologisch – aber keine Sorge, ich bleibe alltagstauglich.
Veränderung ist immer auch ein emotionales Thema. Gerade in Familienunternehmen, wo oft viel Herzblut, Tradition und persönliche Geschichte drinstecken.
Wenn du als Nachfolger Dinge anders machst, kann das beim Vorgänger Unsicherheit, vielleicht sogar Angst auslösen. Nach dem Motto: „Was passiert mit meinem Lebenswerk?“ Oder: „War das, was ich gemacht habe, vielleicht falsch?“
Deshalb ist Kommunikation das A und O. Rede offen über deine Ideen, erkläre, warum du etwas verändern willst – und höre auch zu, wenn dein Vorgänger Bedenken hat.
Gib dem Senior das Gefühl, dass seine Erfahrung und sein Wissen wertvoll sind. Das ist kein Machtkampf, sondern ein gemeinsamer Prozess.
Manchmal hilft es auch, kleine Schritte zu machen. Nicht alles auf einmal, sondern Stück für Stück. So können sich alle an die Veränderungen gewöhnen – und du vermeidest unnötige Konflikte.
Und ganz wichtig: Hab Geduld – mit dir selbst und mit deinem Vorgänger. Veränderung braucht Zeit. Aber sie lohnt sich!
Fazit: Dein eigener Weg als Nachfolger
Was kannst du jetzt mitnehmen?
Du musst nicht alles so machen wie dein Vorgänger. Es gibt viele Bereiche, wo Veränderung möglich und sogar notwendig ist – vom Führungsstil über das Portfolio bis hin zu Arbeitszeiten, Marketing und Digitalisierung.
Wichtig ist, dass du deinen eigenen Weg findest – aber dabei immer den Dialog suchst und die Erfahrungen deines Vorgängers respektierst. Veränderung ist kein Angriff auf die Vergangenheit, sondern eine Investition in die Zukunft.
Und: Du bist nicht allein! Viele Nachfolger stehen vor ähnlichen Herausforderungen – und es gibt Wege, diese zu meistern.
Also, hab Mut, deinen eigenen Weg zu gehen – aber bleib auch offen für die Erfahrungen und das Wissen der Senioren-Generation. Das ist der Schlüssel für eine erfolgreiche und nachhaltige Nachfolge.
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